Zagreb
Zagreb: Pelincovac für 80 Pfennig

Ich hatte es an anderer Stelle bereits erwähnt: 1985 arbeitete ich an mehreren Tagen in der Woche in der Neuwerker Ratsstube, einem jugoslawischen Restaurant. Wenn ich kurz vor 17:00 Uhr die Kneipe betrat, bekam ich etwas zu essen. Nach 23:00 Uhr, wenn die Kegelclubs fertig waren, bekam ich wieder was. Auswählen konnte ich nicht. Es gab Pljeskavica. Ich konnte Pljeskavica irgendwann nicht mehr sehen.  Ich glaube, ich kann es heute, 30 Jahre später, noch immer nicht sehen.

Zubereitet wurde das Pljeskavica von Petars Koch. Ich habe keine Ahnung mehr, wie der hieß. Jedenfalls kam er aus Zagreb. Und er hatte mir natürlich viel über seine Heimatstadt erzählt. Keine Frage, dass wir der Sache auf den Grund gingen und der Stadt einen Besuch abstatteten. Bahntechnisch gesehen war/ist Zagreb ein Knotenpunkt. Wir waren mehr wie einmal dort.

Während unserer Tour ist uns aufgefallen, dass an jedem jugoslawischen Bahnhof eine alte Dampflock stand. Warum, das wussten wir nicht, und wir hatten das auch nicht weiter hinterfragt. Eines nachts, wir hatten den letzten Zug verpasst, haben wir unser Nachtlager in Zagreb auf dem Bahnhof aufgeschlagen. Thomas lag auf der Bank direkt vor der Dampflock, ich lag eine Bank weiter. Ich konnte nicht wirklich pennen. Ich weckte Thomas, als ein Bahnbediensteter aufgeregt auf uns zulief: "Ey, Thomas. Wachwerden! Es gibt Ärger!" Der Beamte schimpfte wild auf serbokroatisch. Also fing ich an, meine Sachen zusammen zu packen. Der Uniformierte machte mir aber schnell klar, dass ich nicht das Problem sei. Tito! Tito war mit dieser Dampflock gefahren. Thomas sollte einfach nur eine Bank weiter gehen und alles war gut. Schließlich wünschte er uns eine angenehme Nachtruhe. Naja, muss man halt wissen.

Jugengherberge in Zagreb
Jugengherberge in Zagreb

Thomas Großvater, Opa Schmitz, war immer begeistert von unseren Touren und stand uns stets mit Rat und Tat zur Seite. Nun ja, seine Ratschläge waren meist etwas antiquiert. Er war Fan von Jugendherbergen und Kolpinghäusern. Seinetwegen hatten wir uns vor dem Interrail-Trip einen Jugendherbergsausweis zugelegt. In Zagreb ist er tatsächlich zum Einsatz gekommen. Wir haben tatsächlich in der Jugendherberge übernachtet.

Standseilbahn in Zagreb
Standseilbahn in Zagreb

Zagreb war jetzt nicht so die Stadt, wo man dringend wieder hin muss. Hauptattraktion war eine alte Standseilbahn im Herzen der Stadt. Sonst ist nicht mehr viel von Zagreb haften geblieben. Ach ja, es gab dort in der Nähe des Bahnhofs solch eine Stehpinte. Die hatte schon früh auf. Und ein doppelter Pelinkovac kostete 80 Dinar. Da lässt man dann schon mal den Kaffee sausen.

Wir waren mal wieder in Zagreb, und ich musste mal. Groß! Also bestimmte ich, den Nachtzug nach Split zu nehmen. Ich war damals noch penibel. Die Klos in Zagreb sagten mir nicht zu, und die in jugoslawischen Zügen schon gar nicht. Also auf nach Split! Es war eine verdammt lange Nacht. Meine Gedärme quälten mich. Kleingeld hatte ich auch nicht, aber zum Wechseln war einfach keine Zeit mehr. Also knallte ich der Klofrau in Split 1.000 statt der sonst üblichen 100 Dinar auf den Tresen. Diese guckte mich ganz entgeistert an, nahm die Klopapierrolle und hörte nicht mehr auf Blätter abzurollen. Ich dachte nur, hört die denn gar nicht mehr auf. Aber Zeit, mich auf Diskussionen einzulassen, hatte ich nicht. Aber es war die Sache wert: alles war sauber und gut, wie immer.